
TVL, TPS, Tokenfreigabe, Einnahmen … wichtige Blockchain-Kennzahlen, die Sie kennen sollten
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Vor dem Investieren sollten Sie unbedingt sorgfältig recherchieren. Das gilt im Allgemeinen, und insbesondere für Kryptowährungen. Es kann riskant sein, lediglich Markttrends zu folgen. Wie sagt man so schön: Investieren Sie nie in etwas, das Sie nicht verstehen.
Es gibt verschiedene Kennzahlen zur Analyse des Potenzials von Krypto-Projekten. Einige sind bei Anlegern bekannter als andere, wie TVL oder TPS.
Im Folgenden stellen wir Ihnen vier wichtige Kennzahlen vor und erklären Ihnen, warum Sie vor dem Investieren jede einzelne von ihnen genau unter die Lupe nehmen sollten.
Total Value Locked (TVL)
Total Value Locked (TVL) ist nach wie vor eine der am meisten verwendeten und angeführten Kennzahlen in der Kryptoindustrie.
Beinahe jedes dezentralisierte Finanzprojekt (DeFi) hebt seinen TVL als Zeichen für Vertrauen, Liquidity und finanzielle Stärke hervor. TVL steht für den Gesamtwert digitaler Vermögenswerte, wie Kryptowährungen, Stablecoins, Liquidity-Anbieter-Token und in einigen Fällen NFTs, die innerhalb eines DeFi-Protokolls oder einer dezentralisierten Anwendung gesperrt oder gestaked sind.
Aktuell dominiert Ethereum die TVL-Rankings mit einem gesperrten Wert von über 50 Mrd. US-Dollar, was mehr als die Hälfte des Gesamtmarkts ausmacht.
Zwar misst TVL den in einem Protokoll eingeschlossenen Wert, gibt aber nicht zwangsläufig das aktive Nutzerengagement an.
Da der TVL stark von Token-Preisen beeinflusst wird, kann er aufgrund von Marktvolatilität signifikant schwanken – selbst bei unveränderter Nutzeraktivität.
Außerdem muss man wissen, dass TVL-Zahlen manipuliert werden können. Einige Protokolle blähen ihre Zahlen künstlich auf, indem sie Vermögenswerte doppelt zählen – sie zählen beispielsweise sowohl die Token mit, die in Liquid-Staking-Plattformen hinterlegt wurden, als auch die Liquid-Staking-Token, die sie hierfür erhalten haben. Darüber hinaus kann der TVL durch Anreize aufgebläht werden, die entweder direkt oder indirekt von Blockchain-Stiftungen oder Liquidity-Anbietern, die eng mit dem Projekt verbunden sind, geschaffen werden.
TPS
Transaktionen pro Sekunde (Transactions per Second, TPS) ist eine häufig verwendete Kennzahl zur Bewertung der Performance und Skalierbarkeit von Blockchain-Netzwerken. TPS misst, wie viele Transaktionen eine Blockchain pro Sekunde verarbeiten kann, und ist somit ein guter Indikator für Netzwerkgeschwindigkeit.
Unter den schnellsten Blockchains sticht das Internet Computer Protocol (ICP) mit einer Echtzeit-TPS von 1,286 hervor.
Als Vergleich: Bitcoin verarbeitet rund 7 Transaktionen pro Sekunde – angesichts seiner weltweiten Nutzung eine relativ niedrige Zahl. Aber auch wenn eine hohe TPS oft als Zeichen für technische Überlegenheit angepriesen wird, macht es eine Blockchain nicht unbedingt „besser“. Geschwindigkeit kann zulasten anderer entscheidender Eigenschaften wie Dezentralisierung und Sicherheit gehen: Dieser Trade-off wird oft auch als „Blockchain-Trilemma“ bezeichnet, was darauf anspielt, dass keine Blockchain gleichzeitig optimale Leistungen in den Bereichen Skalierbarkeit, Sicherheit und Dezentralisierung erbringen kann.
Zudem können TPS-Zahlen irreführend sein. Viele Projekte bewerben theoretische Höchstwerte statt tatsächlichen Durchsatzes unter realen Bedingungen.
Abgesehen davon werden nicht alle Transaktionen gleich erstellt – einfache Überweisungen erfordern weitaus weniger Ressourcen als komplexe Smart-Contract-Ausführungen. Und im Falle von Bitcoin können mehrere Zahlungen in einer einzigen Transaktion verarbeitet werden.
Tokenfreigabe (Token Unlock)
Tokenfreigaben oder Token Unlocks sind ein entscheidender Faktor, den Anleger unbedingt berücksichtigen sollten. Viele mussten Verluste in Kauf nehmen, weil sie das Token-Vesting einfach nicht verstanden hatten.
Die meisten Krypto-Projekte verwenden Locking- oder Vesting-Mechanismen, um die Token Distribution zu verwalten. Beim Launch wird üblicherweise eine erhebliche Anzahl an Token für eine bestimmte Zeit gesperrt, um den Preis zu stabilisieren und sofortige Verkäufe zu verhindern.
Diese Token werden dann nach und nach freigegeben – oft dürfen dann frühe Anleger, Teammitglieder oder Berater ihre Bestände verkaufen. In den meisten Fällen werden Token über einen Zeitraum von 12 bis 24 Monaten monatlich freigegeben. Bei einigen Projekten ist die Freigabe von Token auch an spezifische Meilensteine oder Performance-Ziele gekoppelt.
Große Token Unlocks können erheblichen Verkaufsdruck verursachen, wodurch der Token-Preis potenziell nach unten gedrückt werden kann. Deshalb müssen Anleger wichtige Informationen wie das Freigabedatum, die Anzahl der freizugebenden Token, den USD-Gegenwert und den prozentualen Anteil des sich aktuell im Umlauf befindenden Angebots im Auge behalten.
Diese Indikatoren findet man beispielsweise auf Websites wie CoinMarketCap. Dort erhalten Sie wertvolle Einblicke in die potenziellen Auswirkungen auf den Markt.
Einnahmen
„Einnahmen“ ist eine unkomplizierte Kennzahl zur Bewertung des Erfolgs eines Krypto-Protokolls.
Sie wird berechnet, indem die gesamten eingenommenen Gebühren mit dem einbehaltenen Gebührenanteil des Protokolls multipliziert werden, nach Berücksichtigung etwaiger Splits von Verteilern oder Dritten. Diese Zahl gibt Anlegern einen guten Überblick über die tatsächlichen Einnahmen, die das Protokoll erzielt.
Einnahmen durch Transaktionsgebühren spiegeln auch wider, wie aktiv eine Plattform genutzt wird und wie nachhaltig ihr Geschäftsmodell sein könnte.
Im Laufe des vergangenen Jahres haben zwei Stablecoin-bezogene Protokolle die Krypto-Einnahmen-Landschaft dominiert. Tether war mit über 5,92 Mrd. US-Dollar an Gebühreneinnahmen der Spitzenreiter, gefolgt von Circle mit 1,67 Mrd. US-Dollar und Ethereum mit 1,27 Mrd. US-Dollar.
REV & MEV
In den vergangenen Monaten ist allerdings eine neue Kennzahl aufgetaucht, die bei Anlegern immer mehr an Bedeutung gewinnt: REV (Real Economic Value).
REV wurde vom Forschungsteam von Blockworks Research vorgestellt und ursprünglich auf das Solana-Netzwerk angewandt und erfasst nicht nur die Grundgebühren für Transaktionen, sondern auch zusätzliches „Trinkgeld“, das von Nutzern an Validatoren gezahlt wird, um Transaktionen zu priorisieren.
Der Begriff „REV“ ist eine Anspielung auf „MEV“ (Miner Extractable Value), bei dem es sich um den zusätzlichen Wert handelt, den Validatoren durch die Änderung der Reihenfolge von Transaktionen innerhalb eines Blocks erzielen können.
MEV umfasst sowohl „toxische“ Verhaltensweisen wie Frontrunning und Sandwich-Angriffe, die Nutzern Wert entziehen, als auch „sinnvolle“ Praktiken, wie Arbitrage zwischen DEXs oder DeFi-Liquidationen, die die Markteffizienz verbessern können.
Durch das Einbeziehen MEV-bezogener Einnahmen, wie Jito-Trinkgeld, erkennt REV diese Geldströme als echte Indikatoren für die Blockspace-Nachfrage und nicht als negative Nebeneffekte an.
Jito-Trinkgelder sind Zahlungen, die von Nutzern oder Bots im Solana-Netzwerk getätigt werden, um den Validatoren einen Anreiz zu geben, ihre Transaktionen zu priorisieren, oft im Kontext von MEV-Strategien. Sie sind eine Reward-Quelle außerhalb des Protokolls, die direkt zu den Einnahmen der Validatoren beiträgt.
In Anbetracht dessen gilt MEV nicht mehr nur als Fehler oder „unsichtbare Steuer“, sondern vielmehr als legitime und messbare Einnahmequelle. REV definiert MEV als wichtige Performance-Kennzahl neu und signalisiert so einen Wandel im Verständnis der Protokollökonomie.
Fazit: Kennzahlen für jeden Anwendungsfall
Kennzahlen sollten immer im jeweiligen Kontext analysiert werden, je nachdem, was Sie bewerten wollen.
Jeder Anleger oder Analyst muss seinen Ansatz an den Typen des Projekts oder Protokolls anpassen, das analysiert werden soll.
Abgesehen von den gängigen Kennzahlen gibt es viele weitere interessante Metriken, unter anderem Active-Wallet-Adresses, Token-Inflationsraten, Entwickleraktivität oder die Anzahl an Forks.
Wichtig ist es, sich auf die relevantesten Indikatoren für den spezifischen Sektor oder Anwendungsfall eines Projekts zu fokussieren.
Bei DeFi- und Finanzdiensten sind beispielsweise schnelle Transaktionen und eine hohe Sicherheit wichtig, um sofortige und zuverlässige Zahlungen zu gewährleisten, während im Gaming-Bereich Skalierbarkeit und niedrige Transaktionskosten einen höheren Stellenwert haben.