
Leitfaden für Cosmos (ATOM):
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Die Anfänge von Cosmos
Cosmos wird oft als das „Internet der Blockchains“ bezeichnet. Sein Hauptnetzwerk, der Cosmos Hub, ging im März 2019 in Betrieb und wurde von Tendermint Inc. (jetzt Ignite) und der Interchain Foundation (ICF) entwickelt. Die Gründer von Cosmos, Jae Kwon, Zarko Milosevic und Ethan Buchman, wollten ein Netzwerk entwickeln, das die mangelnde Interoperabilität zwischen Blockchains beheben würde.
Der Hub soll als Vorlage für die Einführung anpassbarer Blockchains („Zonen“) dienen, die über das Inter-Blockchain-Communication(IBC)-Protokoll kommunizieren können. Dieses Design ermöglicht es Entwicklern, spezialisierte Netzwerke aufzubauen – z. B. für dezentrale Börsen oder Marktplätze für Non-Fungible Token – und gleichzeitig eine Verbindung zu einem größeren Ökosystem herzustellen.
Im Dezember 2024 übernahm das ICF Skip und gründete die Interchain Inc., wodurch Produktentwicklung und Strategie unter einem Dach vereint wurden. Diese Zentralisierung zielt darauf ab, Probleme hinsichtlich Fragmentierung und Liquidity zu lösen, mit denen das Ökosystem zu kämpfen hatte.
Die wichtigsten Merkmale
Jede mit dem Cosmos SDK erstellte „Zone“ ist eigenständig, kann jedoch über das Inter-Blockchain-Kommunikationsprotokoll (IBC) mit anderen Zonen interagieren. Durch die Verbindung ansonsten isolierter Blockchains reduziert Cosmos die Überlastung monolithischer Netzwerke und ermöglicht es Entwicklern, spezialisierte Blockchains für Anwendungsfälle in den Bereichen DeFi, Gaming, Infrastruktur oder Unternehmensbetrieb zu erstellen. Mittlerweile sind über 100 unabhängige Blockchains innerhalb der „Interchain“ in Betrieb.
Der Hub verwendet einen Proof-of-Stake-Konsens namens CometBFT (früher Tendermint) und dient als Vorlage für die Erstellung anwendungsspezifischer Blockchains. In der Architektur von Cosmos werden rascher Konsens, Modularität und Chain-übergreifende Sicherheit kombiniert. Der CometBFT-Konsens ermöglicht es Validatoren, mit sofortiger Endgültigkeit und hohem Durchsatz eine Einigung zu erzielen, während das Cosmos SDK Entwicklern die Möglichkeit bietet, Module für Governance, Staking und Konten einzubinden.
Governance und Finanzierung sind daher dezentralisiert: Die in der Schweiz ansässige ICF überwacht die langfristige Forschung und die Vergabe von Fördermitteln, während mehrere unabhängige Teams, darunter Ignite, Informal Systems, Binary Builders, Strangelove und Atom Accelerator DAO, die Software warten und neue Funktionen entwickeln.
Die Chain-übergreifende Konnektivität schreitet weiter voran. Ein bevorstehendes Upgrade namens IBC Eureka (IBC v2) verspricht eine deutliche Performance-Steigerung und eine einfachere Integration mit Nicht-Cosmos-Chains wie Ethereum, EVM-Rollups (Base, Ink, Soneium etc.) und Solana. Eureka zielt auch darauf ab, die Einführungszeit für neue Chains zu verkürzen und den Hub als „Chain-übergreifenden Liquidity-Router“ fungieren zu lassen. Diese Innovationen machen in Kombination mit der offiziellen EVM-Unterstützung Cosmos zu einer der modularsten und interoperabelsten Basisarchitekturen.
Netzwerk-Performance
Da Cosmos ein Netzwerk unabhängiger App-Chains ist, variieren Durchsatz und Latenzzeit je nach Chain. CometBFT bietet kurze Blockzeiten und nahezu sofortige Finalität. Dazu hat die neue Serialisierung des Stargate-Upgrades die Effizienz aller Chains verbessert.
Die tatsächliche Performance hängt jedoch von der Hardware des Validators und den Netzbedingungen ab. Im Juni 2024 brachte ein Bug im V17-Upgrade des Hubs die Blockproduktion zum Stillstand. Die Entwickler behoben das Problem und nahmen das Netzwerk innerhalb weniger Stunden wieder in Betrieb, was sowohl die Widerstandsfähigkeit als auch das Risiko komplexer Upgrades verdeutlicht. Die Roadmap von Interchain Inc. deutet darauf hin, dass die bevorstehende Überarbeitung des Cosmos SDK den Durchsatz um eine Größenordnung steigern wird.
Genaue TPS-Werte können nicht ermittelt werden, da jede Zone unterschiedliche Parameter hat. Allerdings priorisiert die Cosmos-Architektur sofortige Finalität und modulare Skalierbarkeit gegenüber reinen Transaktionen pro Sekunde (TPS).
Wofür ist ATOM da?
ATOM ist der Name des nativen Tokens des Cosmo Hub. Er dient mehreren Zwecken:
Transaktionsgebühren: Nutzer zahlen ATOM, um Transaktionen zu verarbeiten und mit den Hub-Diensten zu interagieren.
Staking und Sicherheit: Validatoren staken ATOM, um den Hub am Leben zu erhalten. Delegatoren können ATOM an Validatoren delegieren und dafür Prämien erhalten. Im Rahmen von Interchain Security erhalten ATOM-Staker auch einen Anteil an den Gebühren der Verbraucher-Chains.
Governance: Inhaber stimmen über Protokoll-Upgrades, Parameteränderungen und Treasury-Ausgaben ab.
Nutzung als Sicherheit und Chain-übergreifende Verwendung: Einige App-Chains akzeptieren ATOM als Sicherheit oder GAS. In den Plänen für eine Hub-basierte EVM würde ATOM bei Akzeptanz als GAS-Token verwendet werden. Unternehmens-Chains können je nach Sicherheitsmodell auch ATOM-Staking erfordern.
Der Angebotszeitplan und die Rolle von ATOM unterliegen Governance-Vorschlägen. In dem Whitepaper „Hub 2.0“ von 2022 wurde vorgeschlagen, die Ausgabe von ATOM an die Nachfrage nach Sicherheitsdiensten innerhalb der Interchain anzupassen, doch die Umsetzung bleibt umstritten. Die Übernahme von Skip durch 2024 und die Gründung von Interchain Inc. zielen darauf ab, Hub-Dienste durch Routing-Gebühren und institutionelle Partnerschaften zu monetarisieren.
Ökosystem und Anwendungsfälle
Über 100 unabhängige Blockchains sind mittlerweile innerhalb der „Interchain“ in Betrieb und tauschen über IBC Werte aus, wie die Plattform Blockworks im Dezember 2024 berichtete.
Cosmos hostet eine Vielzahl spezialisierter Blockchains und hat sich insbesondere in den Bereichen dezentralisierte Finanzen und Chain-übergreifende Infrastruktur stark weiterentwickelt. Die dezentrale Börse Osmosis fungiert als Liquidity-Hub und ermöglicht Trustless-Handel zwischen verschiedenen IBC-fähigen Token. Anfang 2024 verband Picasso Network Ethereum über IBC mit Cosmos, sodass Ethereum-Token direkt in Cosmos-Chains übertragen werden konnten.
Noble, eine App-Chain, die auf dem SDK aufbaut, gibt native USDC aus und hat sich kürzlich mit Frax Finance zusammengeschlossen, um FRAX- und sFRAX-Stablecoins (eine staked Version von FRAX) in das Ökosystem einzubringen. Durch die Integration von FRAX und sFRAX in Cosmos können DeFi-Nutzer einen an den Dollar gekoppelten Vermögenswert oder dessen verzinsliches Gegenstück halten, während sie Transaktionen über die Interchain durchführen.
Cosmos zieht auch große DeFi-Protokolle an: dYdX hat sein Auftragsbuch für Perpetual Futures Exchange auf seine eigene Cosmos-Chain verlagert und Anfang 2024 Liquid Staking integriert, während Injective sich auf den Handel mit Derivaten spezialisiert hat. Auf der Infrastrukturseite hat Helium sein dezentrales drahtloses Netzwerk auf Solana statt auf Cosmos portiert. Andere dezentrale Infrastrukturprojekte wie Akash (Cloud Computing) und Celestia (Datenverfügbarkeit) bleiben jedoch eng mit dem Cosmos-Ökosystem verbunden. Die Umgebung plant auch die Tokenisierung realer Vermögenswerte durch institutionelle Partner. Interchain Inc. gab bekannt, dass japanische Banken Cosmos und IBC für Datenübertragungen testen, die das SWIFT-System nutzen.
Die Vorteile von Cosmos (Interoperabilität, niedrige Gebühren und hohe Sicherheit) sind allgemein bekannt. Trotzdem hat die Verbreitung spezialisierter Blockchains nicht zu offensichtlichen wirtschaftlichen Vorteilen für den Haupt-Hub geführt. Im Juli 2025 entschied sich Interchain Labs gegen die Einführung einer Hub-nativen EVM und konzentrierte sich stattdessen wieder auf die Betreuung souveräner L1s und institutioneller Blockchains mit der Begründung, dass die Ressourcen knapp seien und der Markt für eine weitere universelle Smart-Contract-Plattform fragmentiert sei. Dieser Kurswechsel unterstreicht die erneute Ausrichtung von Cosmos auf die Bereitstellung von Infrastruktur- und Routing-Diensten, anstelle eines direkten Wettbewerbs mit anderen Layer-1-Netzwerken.
Vor- und Nachteile
Vorteile:
Die modulare Architektur von Cosmos bietet mehrere Vorteile. IBC und das Cosmos SDK ermöglichen es Entwicklern, eigenständige Blockchains zu erstellen, die nahtlos miteinander interagieren. Schnelle Finalität und Einigung sorgen dafür, dass Transaktionen nahezu unmittelbar abgewickelt werden, und gemeinsame Sicherheitsoptionen ermöglichen einen schnellen Start neuer Blockchains. Das Ökosystem wächst: Mehr als hundert Chains nutzen die Technologie von Cosmos und das Interesse institutioneller Anleger steigt durch die Ausgabe von Stablecoins und die Integration verschiedener Blockchains weiter.
Nachteile:
Die Eigenständigkeit von App-Chains bewirkt eine Aufspaltung der Liquidity und der Nutzerbasis. Die Verbindung zwischen den Chains kann äußerst komplex sein, was von Interchain Inc. auch als „Liquiditätskrise“ bezeichnet wurde. Häufige Umschwünge, wie die Entscheidung vom Juli 2025, eine Hub-native EVM einzustellen, können zu Unsicherheiten bei Entwicklern führen. Die Komplexität von IBC und Interchain Security birgt Sicherheitsrisiken: Eine im April 2024 entdeckte kritische IBC-Sicherheitslücke hätte unbegrenzte Token-Rückzahlungen ermöglicht, wurde jedoch durch einen Patch geschlossen, bevor sie hätte ausgenutzt werden können.
Upgrades führen gelegentlich zu Ausfallzeiten, wie zum Beispiel beim Stillstand im Juni 2024. Wie andere Krypto-Vermögenswerte auch unterliegt ATOM Preisschwankungen.
Strategische Überlegungen
Für Investoren bietet ATOM die Möglichkeit zur Beteiligung am Wachstum der Chain-übergreifenden Infrastruktur und DeFi. Renditen ergeben sich aus Staking-Prämien und der potenziellen Wertsteigerung, wenn die Nachfrage nach den Dienstleistungen des Hubs steigt. Der Erfolg hängt jedoch von mehreren Faktoren ab: der weiteren Akzeptanz von IBC, einer effektiven Governance der Token-Ausgabe sowie weiteren Sicherheitsupgrades. Außerdem muss das Ökosystem seine Fragmentierung beheben und Anwendungen für Verbraucher hosten können.
