Der Nachweis von Reserven reicht nicht aus: Die Relevanz von ETPs für die Gewährleistung von Transparenz und Anlegerschutz
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Transparenz und Rechenschaftspflicht sind der Schlüssel dazu, der Krypto-Branche dabei zu helfen, bei privaten und institutionellen Anlegern weiter an Bedeutung zu gewinnen, insbesondere nach dem vielbeachteten Zusammenbruch von FTX im Jahr 2022.
Der Nachweis von Reserven (Proof of Reserves, PoR) hat sich als eine Möglichkeit erwiesen, Kunden zu versichern, dass eine Börse über ausreichende Vermögenswerte verfügt, um ihre Verbindlichkeiten zu decken. Der PoR ist jedoch kein Wundermittel, da es nur eine Momentaufnahme der Vermögenswerte liefert und nicht immer auch bestehende Verbindlichkeiten offenlegt.
Dieser Artikel beleuchtet die Grenzen des PoR und erklärt, warum ETPs Anlegern eine zuverlässigere Möglichkeit bieten, auf Krypto zuzugreifen.
Proof of Reserves verstehen
Mithilfe des PoR können Krypto-Börsen nachweisen, dass sie zahlungsfähig sind, was bedeutet, dass sie über ausreichende Vermögenswerte verfügen, um ihre Verbindlichkeiten wie Abhebungen und Handel zu erfüllen.
Eine Börse kann ihren PoR durch eine Bescheinigung oder durch ein Audit durch einen unabhängigen Dritten, z .B. einen Wirtschaftsprüfer, verifizieren. Eine Bescheinigung bestätigt, dass die zum Nachweis des PoR bereitgestellten Dokumente oder Daten zuverlässig sind. Ein Audit dagegen ist umfassender, weil es eine gründliche Analyse der Finanzunterlagen umfasst, um deren Richtigkeit zu bestätigen.
Der PoR ist nach dem Zusammenbruch von FTX, der von Sam Bankman-Fried gegründeten und betriebenen Börse, zu einem heißen Thema in der Krypto-Branche geworden.
Unternehmen und Schwesterunternehmen von FTX, mehrere Verluste erlitten hatte, unterstützte FTX das Unternehmen mit rund 4 Milliarden US-Dollar, die durch Vermögenswerte wie FTT, seine nativen Token, gesichert waren. Angeblich gehörte ein Teil der Token den Kunden. Wie die Krypto-Medienseite CoinDesk berichtete, löste dieser Schritt Bedenken hinsichtlich des finanziellen Wohlergehens von Alameda und der möglichen Auswirkungen auf FTX aus. Die konkurrierende Börse Binance verkaufte ihre FTT-Bestände, was zu einem plötzlichen Preissturz der Token und einem Ansturm auf FTX führte, bei dem Kunden versuchten, insgesamt 6 Milliarden US-Dollar abzuheben. Nach einem abgebrochenen Übernahmeangebot von Binance meldete FTX am 11. November Insolvenz an und schuldete einer Million Gläubigern schätzungsweise 8 Milliarden US-Dollar.
Obwohl der PoR ein guter Ausgangspunkt für mehr Transparenz ist, ist es keine ausfallsichere Lösung:
Der PoR liefert nur eine Momentaufnahme der Reserven. Anleger können nicht sagen, ob eine Börse kurz vor der Bescheinigung oder dem Audit Vermögenswerte geliehen hat, nur um sie direkt danach zurückzuzahlen, oder ob sie nicht offengelegte Verbindlichkeiten außerhalb der Blockhain eingegangen ist.
Ein Mangel an Industriestandards hat zu Abweichungen hinsichtlich der von einer Bescheinigung erwarteten Inhalte geführt. Jede Börse trifft diese Entscheidung mit ihrem jeweiligen Auditor, was zu Zweifeln an der Zuverlässigkeit der bereitgestellten Informationen führt.
Ein erbrachter PoR hat keinerlei Bedeutung, wenn die Reserven nicht den tatsächlichen Verbindlichkeiten entsprechen. Besteht eine solche Entsprechung nicht, ist die Börse der Volatilität der Vermögenswerte in der Reserve ausgesetzt. Im obigen Beispiel mit FTX führte das Darlehen an Alameda zu einer Diskrepanz zwischen den existierenden Vermögenswerten und den bestehenden Verbindlichkeiten.
Auch wenn der PoR einer Börse die oben aufgeführten Mängel überwindet, muss sie ihre Infrastruktur vor Cyberangriffen schützen. Eine der jüngsten Börsen, die Hackern zum Opfer fiel, war Bitrue, die 23 Millionen US-Dollar verlor, als im April eine Wallet, die 5 % ihrer Reserven enthielt, gehackt wurde.
Der Aufstieg börsengehandelter Produkte
Börsengehandelte Produkte (ETPs) bieten eine Alternative für Anleger, die Krypto in ihre Portfolios aufnehmen möchten.
ETPs sind Finanzprodukte, die ein Engagement in einem zugrunde liegenden Index oder Vermögenswert ermöglichen, indem sie dessen Wertentwicklung widerspiegeln. Sie werden wie Aktien an der Börse gehandelt und sind damit leicht zugänglich. Außerdem können Anleger sie neben traditionellen Anlageklassen in einem Portfolio halten.
Krypto-ETPs sind – trotz der Aufregung um den jüngsten Antrag von BlackRock bei der US-Börsenaufsichtsbehörde – auf den Märkten nichts Neues. CoinShares brachte 2015 das weltweit erste Krypto-ETP auf den Markt, während Fidelity 2022 eines in Frankfurt auf den Markt brachte.
Bei einem Teil dieser Produkte handelt es sich um physische ETPs, das heißt, sie kaufen und halten die zugrunde liegenden Vermögenswerte. CoinShares speichert seine Kryptos, die die Produkte sichern, bei Komainu, einer digitalen Depotbank, die von der Jersey Financial Services Commission reguliert wird. Komainu ist ein Joint Venture zwischen der japanischen Investmentbank Nomura, dem führenden Krypto-Hardware-Entwickler Ledger und CoinShares. Sein digitaler Tresor bietet eine erstklassige Verwahrungslösung, indem er Verschlüsselungs- und Authentifizierungssoftware mit speziell entwickelter Hardware kombiniert und Token in einem sicheren Rechenzentrum speichert, das durch ein Hardware-Sicherheitsmodul geschützt ist.
Transparenz und Regulierung bei ETPs
Die Krypto-Regulierung entwickelt sich ständig weiter. Einige Rechtssysteme, wie beispielsweise die EU, sind weiter fortgeschritten als andere. Die „Markets in Crypto Assets (MiCA)“-Verordnung trat im Juni 2023 in Kraft und zielt darauf ab, den Anlegerschutz zu gewährleisten, indem sie die Transparenz erhöht und einen umfassenden Rahmen für Emittenten und Dienstleister schafft, einschließlich der Einhaltung der Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche. Es wird erwartet, dass diese regulatorische Klarheit die Nachfrage nach Krypto sowohl bei europäischen Privatanlegern als auch bei institutionellen Anlegern ankurbeln wird.
Neben MiCA unterliegen ETPs auch noch den alten Finanzvorschriften (wie der MiFID-Richtlinie und der Prospektverordnung), die die Transparenz und den Anlegerschutz verbessern sollen.
ETPs unterliegen außerdem den Meldepflichten, die von den Börsennotierungsplätzen vorgeschrieben werden. Beispielsweise ist die SIX Swiss Exchange einer der Orte, an denen CoinShares seine Produkte notiert. SIX verlangt von den Anbietern die Vorlage jährlicher Finanzberichte, und teilweise auch eine Zwischenberichterstattung. Diese Berichte müssen Rechnungslegungsstandards wie den International Financial Reporting Standards (IFRS) und den Generally Accepted Accounting Principles (GAAP) nachkommen.
Um den Anlegern zusätzliche Sicherheit zu bieten, ist CoinShares übrigens eine Partnerschaft mit dem registrierten Wirtschaftsprüfer The Network Firm eingegangen, um den PoR für seine physischen ETPs bereitzustellen. Die LedgerLens-Lösung von The Network Firm nutzt die Blockchain-Technologie, um zu überprüfen, ob die in der Reserve von CoinShares gehaltene Krypto den vorliegenden Verbindlichkeiten entspricht. Diese Informationen werden täglich über herunterladbare Bescheinigungsberichte weitergegeben, um sicherzustellen, dass die Produkte immer zu mindestens 100 % abgesichert sind.
Und abschließend müssen ETP-Anbieter auch noch einen Treuhänder oder einen Sicherheitenverwalter ernennen, um die Interessen der Anleger zu schützen. Der Treuhänder stellt sicher, dass die Vermögenswerte des ETP ordnungsgemäß geschützt sind und das Produkt gemäß den im Prospekt dargelegten Zielen verwaltet wird. Die Law Debenture Trust Corporation PLC fungiert als Treuhänder für die physischen CoinShares-ETPs.
Was passiert im Falle eines Zahlungsausfalls?
Um zu veranschaulichen, was mit dem Vermögen eines Anlegers passiert, wenn eine Börse oder ein ETP-Emittent ausfällt, beschreiben wir hier zwei hypothetische Szenarien.
Zahlungsausfall der Krypto-Börse
Nach Abschluss des Insolvenzverfahrens erhalten die Kunden einen Prozentsatz des verbleibenden Restbetrags. Vereinfacht ausgedrückt wird der Wert der verbleibenden Vermögenswerte unter den einzelnen Gläubigern aufgeteilt. In einigen Fällen verfügt die Börse möglicherweise über genügend Vermögenswerte, um ihre Verbindlichkeiten zu decken. In diesem Fall erhalten die Anleger eine Rückerstattung. In anderen Fällen bleibt möglicherweise nur der „Geschäftswert“ der immateriellen Vermögenswerte der Börse, wie etwa ihres geistigen Eigentums oder ihrer Marke, und nativer Token übrig. Natürlich können diese Token am Ende praktisch wertlos sein.
Letztlich gilt: Je weniger streng eine Börse überwacht wird, desto größer ist die Unsicherheit darüber, wie viel die Kunden im Zweifelsfall zurückerhalten können. Es sollte auch bedacht werden, dass Krypto-Börsen nicht durch Einlagensicherungen abgesichert sind, also staatlich unterstützte Systeme, die Einleger bis zu einem bestimmten Betrag entschädigen, wenn Banken bankrott gehen.
Zahlungsausfall des EPT-Emittenten
Wie oben beschrieben, hält Komainu die zugrunde liegenden Vermögenswerte von CoinShares ETPs. Sollte CoinShares Digital Securities Limited den Handel einstellen, würde The Law Debenture Trust Corporation (der Treuhänder) die Kontrolle über die Vermögenswerte übernehmen und eine „nicht nachrangige Forderung“ bearbeiten, die Gelder an die Anleger verteilt (abzüglich der durch den Prozess entstandenen Kosten). Es liegt in der Natur von ETPs, dass der Emittent (in unserem Fall CoinShares Digital Securities Limited) niemals die Macht hat, selbst auf die Gelder zuzugreifen.
Fazit
Der PoR ist eine Möglichkeit für Krypto-Börsen, Kunden zu zeigen, dass sie über ausreichende Vermögenswerte verfügen, um ihre Verbindlichkeiten zu decken. Sie können entweder eine Bescheinigung oder ein Audit nutzen, um den PoR nachzuweisen.
ETPs bieten Anlegern eine alternative Möglichkeit, auf Kryptos zuzugreifen. Während sich die Vorschriften ständig weiterentwickeln, haben einige Gerichtsbarkeiten spezielle Gesetze eingeführt. Für Krypto-ETPs gelten außerdem die gleichen Regeln wie für traditionelle Vermögenswerte, die an Mainstream-Börsen notiert sind.
Wenn ein ETP-Emittent seine Geschäftstätigkeit aufgibt, sollten Anleger ihre Mittel vollständig zurückerhalten, da sie von einer Depotbank aufbewahrt werden und der Treuhänder des Emittenten dafür sorgt, dass alle Anleger gleich behandelt werden. Umgekehrt ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass Kunden Gelder von einer insolventen Börse zurückerhalten.